Dumm gelaufen

Autor
Monika Benninger-Köder

Von 1981 bis 1995 war ich die Schreibkraft bei der Panzerpionierkompanie 300, einer selbständigen Kompanie. Über diese 14 Jahre ließe sich ein dickes Buch schreiben - denn die Soldaten mit ihrer sehr breiten Berufs- und Ausbildungsvielfalt sorgten täglich für Abwechslung und Anekdoten.

Höhepunkte waren immer die Übungen. Tagelanges Verpacken der Kisten, man wunderte sich jedes mal, was doch angeblich alles mitgenommen werden "musste". Wenn "meine Männer" von den Übungen zurückkehrten, war es Ehrensache, dass ich nicht in meinem kleinen PERFIS-Büro (PERFIS = "Personalführungs- und Informationssystem für Soldaten") saß, sondern sie im Geschäftszimmer begrüßte. Es vergingen keine zehn Minuten ab Eintreffen, bis ich zum ersten Mal zu hören bekam "Frau Köder, haben Sie schon gehört, was passiert ist...", und der neueste Übungsklatsch schwappte über den Tresen (von wegen, nur Frauen tratschen...). Eine Begebenheit anfangs der 80er-Jahre wird mir immer in Erinnerung bleiben, darüber lachte damals die ganze Kompanie.

"Mein" damaliger PERFIS-Soldat, Obergefreiter und ein Unikum ohnegleichen, war als Kradmelder eingesetzt und bei Nacht, Nebel und strömendem Regen unterwegs. Da er auch privat Motorradfahrer war und wohl nicht sehr gemäßigt fuhr, kam, was kommen musste: Er rutschte weg und flog achtkantig mit seinem Krad in den Straßengraben. Als er sich gerade leicht fluchend aufgerappelt hatte und den Vollzähligkeitsappell seiner heilen Knochen vornahm, hielt ein Fahrzeug an und jemand stieg aus. Die spontane Frage an den Obergefreiten war: " Ist das Krad kaputt ?" Das war eindeutig die falsche Frage zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort - und an den falschen Mann.

Der Obergefreite riss sich den Stahlhelm vom Kopf, knallte ihn in den Matsch und brüllte: "Das ist ja wohl mal wieder typisch Bund: Mich haut's auf die Fresse, das ist Ihnen ja wurscht. Sie fragen nur nach dem Scheiß-Krad..." Erst als sein Gegenüber nach kurzem Stutzen schallend zu lachen anfing, bemerkte der erboste Obergefreite, dass er seinem Kommandeur gegenüberstand...

Der sich dann ausbreitende Gesichtsausdruck des gestrauchelten Kradfahrers wurde vom Kommandeursfahrer als "beispiellos dämlich" überliefert...

Folgen hatte das undisziplinierte Verhalten keine - die beiden haben sich arrangiert, der Oberst zeigte wohl vollstes Verständnis für die Ausnahmesituation.

Besagter Obergefreite ist heute Computerspezialist einer großen Firma und fliegt durch die ganze Welt - ob er noch Motorrad fährt, entzieht sich meiner Kenntnis...